Hörgeschädigt? Ich doch nicht…

14 Millionen Deutsche sind hörgeschädigt.

Stellen Sie sich nun einmal vor,
Sie wären einer davon!

Im Gegensatz zu vielen anderen Behinderungen ist eine Schädigung des Gehörs nicht sichtbar.

Ein Hörgeschädigter macht äußerlich einen unversehrten Eindruck, wird aber durch sein Verhalten und seine Aussprache oft als komisch, sonderbar oder sogar merkwürdig eingestuft, wobei die Ursache davon leicht übersehen wird.

Hörbehinderung – was ist das?

Hierbei handelt es sich um einen teilweisen oder vollständigen Verlust der Hörfähigkeit. Wird dadurch die Fähigkeit des Sprachverständnisses mehr oder weniger reduziert, spricht man von Schwerhörigkeit. Ein kompletter Verlust führt zur Gehörlosigkeit oder Ertaubung. Dadurch kommt es zu einer Behinderung in der Kommunikation mit anderen Menschen, die bis zur Einsamkeit und Isolation führen kann.

Die Schwerhörigkeit ist grundsätzlich in zwei Arten aufgeteilt:

Schallleitungsschwerhörigkeit:

Die Störung liegt im äußeren oder mittleren Ohr, wodurch die Schallreize lediglich leiser gehört werden. Das Hörvermögen kann durch technische Hilfsmittel (Hörgerät) oder medizinische Hilfe ganz bzw. teilweise wiederhergestellt werden. Sie wirkt sich auf die Behinderung weniger nachteilig aus, da die Struktur und die Verständlichkeit der Sprache weitgehend erhalten bleibt.

Schallempfindungsschwerhörigkeit:

Die Störung liegt im Innenohr, am Hörnerv oder den Hirnzellen selbst und kann nicht oder nur teilweise durch Hilfsmittel behoben werden. Dieses Hörempfinden ist anders, d.h. unter dem Gesichtspunkt der Lautstärke kann zum Teil noch relativ gut gehört werden. Die Sprache und andere Geräusche ändern sich jedoch in ihrem Klangbild und in ihrer Qualität, da meist die hohen Frequenzen nur reduziert oder gar nicht wahrgenommen werden können. Einzelne Töne werden somit verzerrt oder gar nicht gehört und Wörter falsch oder zerstückelt verstanden. Die Sprache wird „verfälscht“, da bestimmte Laute z.B. f, h, t, s, sch einfach ausfallen oder verschiedene Laute falsch verstanden werden; z.B. wird i als o und e als a gehört. Dies wirkt sich negativ auf die Sprachverständigung aus und führt zu Hörfehlern.
Ein Hörgerät kann dieses Hördefizit nicht ausgleichen, sondern nur die wahrnehmbaren Töne verstärken, was auch nur möglich ist, wenn diese nicht durch Umweltgeräusche oder gleichzeitiges Reden mehrerer Personen überdeckt werden.

Hörgeschädigte können ihr Sprechen unvollständig durch das eigene Gehör kontrollieren – ihre Sprechweise ist für Normalhörende ungewohnt, viele ihrer Äußerungen werden oft missverstanden. Kinder, die von Geburt an oder seit den ersten Lebensjahren an einer Hörschädigung leiden, müssen sich die Lautsprache in mühsamen Lernprozessen aneignen,
da sie keinen normalen Zugang zur Lautsprache haben.

Zusätzliche Hilfsmittel für Hörgeschädigte sind:

  • Absehen der Sprechbewegung vom Mund. Dem sind jedoch Grenzen gesetzt, da von 30 Buchstaben nur 11 kinetisch (von der Bewegung her) differenzierbar sind. Dies führt oft zu Missverstehen.
  • Aufnahme der Mimik und Gestik im Gespräch (sowie die Gebärdensprache).
  • Vervollständigung von Sätzen durch Kombination von einzelnen aufgenommenen Wörtern.

Beispiel: Wenn ein Guthörender spricht, muss ein Hörbehinderter die unvollständig gehörten und abgesehenen Sprachlaute unter Mithilfe von Mienenspiel und Körpersprache kombinieren und zu einem sinnvollen Spracheindruck verarbeiten, speichern und gleichzeitig weiterhin zuhören, bis der Sprech- und Denkprozess abgeschlossen ist; d.h. hören, absehen, beobachten, speichern, kombinieren und verarbeiten sowie Reaktion müssen gleichzeitig geleistet werden. Dies erfordert ein hohes Maß an Konzentration, Aufmerksamkeit und Belastbarkeit des Hörbehinderten.

Erschwerend sind dabei:

  • störende Nebengeräusche
  • zu schnelles Sprechen
  • schlechtes Mundbild
  • ungünstige Lichtverhältnisse
  • starker Bartwuchs
  • verdecktes oder abgewendetes Gesicht
  • lange und komplizierte Sätze

Bei manchen Gesprächen ist deshalb die Situation des Schwerhörigen mit der eines Rätselraters vergleichbar.

„Nicht sehen können heißt,
die Menschen von den Dingen zu trennen;
nicht hören heißt,
die Menschen von den Menschen zu trennen.“

Immanuel Kant